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Die bayerische Polizei hat in einer Lagerhalle in München vermisste Kunstwerke im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar gefunden. Wem sie gehören, muss erst noch geklärt werden.


vergrößern Die präkolumbischen Masken und Skulpturen sind derzeit an einem geheimen Ort in Münchnen eingelagert.
Foto: Kultusministerium Guatemala

Die Polizisten fanden Masken, Skulpturen und Edelsteine: Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) hat einen wahrhaftigen Schatz beschlagnahmt, bestehend aus rund 1100 präkolumbischen Kunstwerken im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar.

Momentan sind die Kunstwerke, die in Südamerika vermisst werden, an einem geheimen Ort eingelagert - bis geklärt ist, wem sie nun eigentlich gehören.

Die Zeitungen in Mittelamerika überschlagen sich dieser Tage: Es ist die Rede von einem ungeheuren Schatz, der nun in Deutschland aufgetaucht sei. In Guatemala will man festgestellt haben, dass "mindestens 125 Objekte aus der Maya-Zeit" aus dem eigenen Land stammen. Fachleute meinen, es könnten sogar 300 sein. In Peru geht man davon aus, dass "etwa 200 Stücke" zurückgegeben werden müssten.

Auch Panama, Kolumbien und El Salvador haben Ansprüche angemeldet und fordern die Rückführung ihres seit langem vermissten Kulturgutes. Doch das wird dauern. Denn: "Wem die Stücke letztendlich gehören, muss erst noch geklärt werden", sagt Detlef Puchelt, Pressesprecher des Bayerischen Landeskriminalamtes.

Ausstellung in Spanien

Seine eigene Meinung hat da ein gewisser Leonardo Augustus P. Der 66-Jährige stammt aus Costa Rica, bezeichnet sich selbst als ehemaligen Diplomaten und Kunstsammler. Er behauptet, die Schätze alle rechtmäßig erworben und aus den betreffenden Ländern legal ausgeführt zu haben.

Laut der Zeitung La Nación aus Costa Rica lebt P. heute hauptsächlich in Genf und pendelt ständig nach Paris - und nach München. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hält sich Leonardo Augustus P. zur Zeit in einem Hotel in München auf.


Die Geschichte mit den Kunstschätzen kam bereits 1997 ins Rollen: Damals initiierte P. eine große präkolumbische Ausstellung in Spanien. Unter dem Titel "La cultura en el tiempo América prehispánica" (Die Kultur des prähispanischen Amerika) präsentierte er in Santiago de Compostela die Stücke aus seiner Sammlung. Unter den Besuchern der Ausstellung befand sich beispielsweise auch Rigoberta Menchú, Friedensnobelpreisträgerin und guatemaltekische Menschenrechtsaktivistin.

Die Regierung von Peru freilich protestierte damals schon heftig und erklärte, in der Ausstellung befänden sich Kunstgegenstände, die illegal aus dem Land geschafft worden seien. Laut der mittelamerikanischen Zeitung Prensa Libre folgte ein richterlicher Erlass, dass die Stücke in Spanien eingelagert werden sollten, bis geklärt sei, wem sie gehören.

Aber nichts geschah. Als nach zehn Jahren noch immer keine klaren Besitzverhältnisse auszumachen waren, sah sich nun Spanien, gemäß der eigenen Gesetze, als rechtmäßiger Besitzer an. Mittlerweile aber forderte auch Guatemala über seine Botschaft in Spanien die Herausgabe der Stücke.

Kunstschätze in der Lagerhalle

Doch das Lager in Santiago de Compostela war plötzlich leer: Wie die Arbeiter dort erklärten, hatten P.s Leute 300.000 Euro bezahlt und die in Kisten verpackten Schätze abgeholt. Interpol und der Zoll wurden verständigt - und das Bundeskriminalamt in Wiesbaden eingeschaltet.

Außerdem lief ein Rechtshilfeersuchen aus Costa Rica ein, mit der Bitte um Fahndung nach der präkolumbischen Kunstsammlung. Die Bayern ermittelten - sie stießen auf den Sammler P. und schließlich in einer Münchner Lagerhalle auf die wertvolle Fracht.

Die Staatsanwaltschaft München I ordnete nun in der letzten Woche die Beschlagnahme der Kunstgegenstände nach den Bestimmungen des Internationalen Rechtshilfegesetzes bis zur Klärung der Sachlage an. Bislang sei unklar, wie die Sammlung in ihrer jetzigen Form zustande gekommen sei und ob Gegenstände gestohlen oder geraubt wurden. Zudem bleibt noch zu klären, ob der Transport der Schätze von Spanien nach Deutschland rechtens war.

Laut der Zeitung La Nación beschäftigte P. die Polizei immer wieder in verschiedenen Ländern. In Zürich, Boston und Dallas soll es Ermittlungen gegen ihn gegeben haben wegen Betrugs, illegalem Handel mit archäologischen Funden und der Einfuhr artengeschützter Tiere.

Auch die Polizei in London, New York, Lima und Mexiko-Stadt soll ihn kennen. In Costa Rica firmiert P. unter einem weniger schmeichelhaften Zunamen: Dort nennt man den Mann "den Dieb der Schätze".

Fälschungen oder Stücke von unschätzbarem Wert? Der spektakuläre Fund der Münchner Kunstfahnder wirft Fragen auf - auch nach den rechtsmäßigen Besitzern.

Maya-Schatz München
14 Länder haben Rechtsanspruch auf einzelne Stücke des Maya-Schatzes erhoben.
Foto: oh

Die präkolumbischen Kunstwerke, die Fahnder des LKA letzte Woche in einer Lagerhalle entdeckt haben, gehören womöglich zu einem noch größeren Schatz. Die Staatsanwaltschaft in Guatemala erklärte der Süddeutschen Zeitung, die Sammlung sei in Wirklichkeit dreimal so groß wie die in München sichergestellte Menge.

Die Justizbehörde des mittelamerikanischen Landes kündigte an, weltweit nach der kompletten Indio-Sammlung fahnden zu wollen. Außerdem will sie nach Sichtung der Indio-Kulturgüter einen internationalen Haftbefehl gegen den angeblichen Besitzer der Stücke prüfen. Gleichzeitig meldet sich ein Maya-Experte zu Wort, der behauptet, viele der Stücke seien Fälschungen.

Das bayerische Landeskriminalamt (LKA) hatte am Dienstag, gestützt auf eine Ausstellungs-Inventarliste und Rechtshilfeersuchen mehrerer lateinamerikanischer Staaten an Interpol, den Wert des Fundes auf etwa 100 Millionen Dollar - rund 64 Millionen Euro - beziffert. Die Exponate sind bekannt, weil sie vor elf Jahren in einer Ausstellung in Spanien zu sehen waren.

Die Inventarliste der damals gezeigten Gegenstände liegt dem LKA vor. Nikolai Grube, Altamerikanist an der Universität Bonn, schätzt den Wert auf rund zehn Millionen Euro. Dagegen sagte der zuständige Abteilungsleiter im Kultusministerium in Guatemala der Süddeutschen Zeitung, bei den vermissten Exponaten aus seinem Land handele es sich um Stücke "von unschätzbarem Wert".


Für die Münchner Kunstfahnder ist die Sicherstellung des präkolumbischen Schatzes auf alle Fälle ein großer Coup. Nachdem Interpol gemeldet hatte, dass die 1997 im spanischen Santiago de Compostela per Gericht verwahrte Sammlung verschwunden sei, lief die Fahndung auch beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden auf Hochtouren. Alle Landeskriminalämter wurden alarmiert und auch die Münchner Kunstfahnder des LKA eingeschaltet.

"Das sind vier bis fünf Kollegen, die auch privat ein Faible für Kunst haben, auf Messen und Auktionen unterwegs sind und sich weiterbilden", sagt Kriminaldirektor Gerald Busch. Die Truppe sei Ansprechpartner für Museen, arbeite eng mit Experten zusammen und helfe im Gegenzug den Museen etwa bei der Sicherung von Exponaten - oder warne vor Attentätern.

Von Susi Wimmer www.sueddeutsche.de


Spektakulärer Fund in einer Lagerhalle: Die bayerische Polizei hat in München eine millionenschwere Kunstsammlung aus Mittelamerika sichergestellt. Wem der Schatz gehört, muss erst noch geklärt werden.

Masken, Jadeketten, Edelsteine: Die Zeitungen in Mittelamerika überschlagen sich deshalb dieser Tage. Es ist die Rede von einem ungeheuren Schatz, der in Deutschland aufgetaucht ist. Mit diesen Fotos will das Kultusministerium in Guatemala beweisen, dass "mindestens 125 Objekte" der wertvollen Kunstsammlung aus dem eigenen Land stammen. Auch...

Fotos: dpa, Kultusministerium Guatemala



... Panama, Kolumbien und El Salvador haben Ansprüche angemeldet. Die Fahnder des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) schätzen den Wert der Kunstsammlung auf mehr als 100 Millionen Dollar (64 Millionen Euro). Es handelt sich dabei offenbar um rund 1100 präkolumbische Kunstwerke der Maya, Azteken und Inka. Die Schätze ...


... sind aus Spanien in die Landeshauptstadt gelangt. Auf die Spur des Aufenthaltsorts der in Kisten und Kartons verpackten Kulturgüter kam die bayerische Polizei...


... durch ein internationales Rechtshilfeersuchen aus Costa Rica. Das Land hatte das LKA gebeten nach der bedeutenden archäologischen Kunstsammlung zu fahnden. Die bayerische Polizei ermittelte daraufhin den Kunsthändler Leonardo Augustus Patterson aus Costa Rica, der den Schatz als sein Eigentum betrachtet. Patterson behauptet jedoch nun, er habe für die Stücke nur eine Art Verwaltungsmandat, das meiste gehöre mehreren Sammlern. Patterson hatte ...



... die Sammlung 1997 für eine Ausstellung im spanischen Santiago de Compostela zusammengetragen. Er organisiserte den Transport aus Spanien nach München. Der 66-Jährige wohnt in München. Der Maya-Schatz ...


... befindet sich dagegen an einem geheimen Ort bis die Besitzfrage geklärt ist. Die Polizei hat bislang nur das Foto von dieser antiken Schale veröffentlicht. "Wem die Schätze letztendlich gehören", so der LKA-Pressesprecher, "muss erst noch geklärt werden."

(sueddeutsche.de)


Press Service in English


Entdeckung

Millionen-Schatz der Maya

Ein Ex-Diplomat und Kunstsammler bunkerte in einer Lagerhalle in München 1200 präkolumbianische Kunstwerke im Werte von über 64 Millionen Euro.

Roberto spricht von seinem Onkel nur in höchsten Tönen. Leonardo Augusto Patterson sei ein „Künstler“ und ein „guter Mann“. Der Neffe kümmert sich um ein leer stehendes Hotel und ein etwa 2000 Quadratmeter großes Grundstück Pattersons an der Karibikküste von Costa Rica. Womit sich sein Onkel genau beschäftigt, wisse er nicht. Nur so viel: Patterson lebe in Deutschland und umgebe sich stets „mit wichtigen Menschen“.

Die Polizeibehörden verschiedenster Länder reden nicht so schmeichelhaft über den 66-Jährigen, der aus Costa Rica stammt und sich selbst als Kunstsammler und ehemaliger Diplomat bezeichnet. Interpol soll bereits seit 1976 gegen Patterson wegen mutmaßlichen Schmuggels mit archäologischen Funden in Mexiko, den USA, der Schweiz, England und Deutschland ermitteln. In seinem Heimatland Costa Rica nennen ihn die Polizeifahnder den „Dieb der Schätze“. Angeblich soll er sogar in der mexikanischen Stadt Tejas im Gefängnis gesessen haben.

Kampf um Millionen-Kunstwerke

Zurzeit hält sich Patterson in München auf und kämpft um 1200 präkolumbianische Kunstwerke, um Masken, Skulpturen und Edelsteine. Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) hat den Schatz, den Experten auf mehr als 64 Millionen Euro taxieren, in einer Lagerhalle in München beschlagnahmt. Patterson behauptet, er habe die Schätze rechtmäßig erworben und aus den jeweiligen Ländern legal ausgeführt. „Sein Anwalt hat mit uns Kontakt aufgenommen“, sagt LKA-Sprecher Karsten Lauber. „In den nächsten Tagen werden wir uns sicherlich mit ihm treffen.“

Der Kunsthändler steht mit seinen Forderungen nicht alleine da. Laut Zeitungsberichten will man in Guatemala festgestellt haben, dass etwa 125 Objekte aus der Maya-Zeit aus dem Land stammen. Peru glaubt gar, man müsse an die 200 Kunstwerke zurückgeben. Nachbarstaaten wie Panama, El Salvador und Kolumbien, aber auch Mexiko und Argentinien reißen sich ebenfalls um den Schatz und haben bereits Ansprüche angemeldet.



Eine Ausstellung in Spanien

Erstmals tauchte der Schatz 1997 im galizischen Santiago de Compostela auf. Damals präsentierte Patterson die „größte Privatsammlung dieser Art auf der ganzen Welt“ unter dem Titel „La cultura en el tiempo-América prehispánica“ (Die Kultur des prähispanischen Amerika). Es war ein voller Erfolg. Doch ein Coup glückte Patterson nicht. Die Kulturabteilung der galizischen Regionalregierung weigerte sich, ihm die komplette Sammlung für die von ihm geforderten 18 Millionen Euro abzukaufen.
Die Weigerung war verständlich. Hatte doch die peruanische Regierung damals heftig protestiert und erklärt, in der Ausstellung befänden sich Kunstwerke, die illegal aus Peru geschafft worden seien. Eine Archäologin äußerte die Vermutung, sie seien bei einer Plünderung entwendet worden.

Bis zur Klärung der Besitzverhältnisse wanderte die komplette Sammlung in die Katakomben der spanischen Umzugsfirma Boquete, wohl temperiert durch einen Raumentfeuchter – aber ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen. Danach passierte jahrelang nichts mehr. Und nach zehn Jahren Verweildauer im Lande hielten sich die Iberer gemäß Gesetz für die rechtmäßigen Besitzer der Ware, kümmerten sich allerdings immer noch nicht darum.

Aktivitäten zeigten dagegen die Peruaner – mit Erfolg. Ein Gericht in Santiago bestätigte schließlich, dass es sich bei 31 Exponaten um Schmuggelware handelt, die aus einer Pyramide der Mochica-Kultur in Peru stammt. Der peruanische Botschafter nahm die Gegenstände im Dezember 2007 in Empfang. Doch damit gab sich das Land nicht zufrieden. Es forderte 200 weitere Kunstwerke, die mexikanische Regierung sogar 500.

Bezahlte Lagergebühren

Der eingelagerte Schatz war jedoch inzwischen verschwunden. Pattersons Leute hatten der Firma Boquete mehr als 300 000 Euro bezahlt und die Kisten mit den archäologischen Funden mitgenommen und vermutlich direkt nach München gebracht. Ramón Cabanillas, Eigentümer der Umzugsfirma, atmet auf. „Ich bin überglücklich, die Sachen los zu sein“, sagte er gegenüber FOCUS-Online. Zehn Jahre habe er darauf gewartet, dass ihm „jemand die Lagergebühren“ zahle. Als die Männer von Patterson kamen und den Betrag beglichen, habe er kein Problem darin gesehen, die Ware auszuhändigen.



Klärung der Besitzverhältnisse

Ganz anders die spanische Regierung. Sie verständigte Interpol, den Zoll und das Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Zudem tauchte ein Rechtshilfeersuchen aus Costa Rica auf. Die Münchner Fahnder wurden schnell fündig und brachten den Schatz an einen sicheren Ort, nachdem die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme der Kunstsammlung nach den Bestimmungen des internationalen Rechtshilfegesetzes bis zur Klärung der Besitzverhältnisse angeordnet hatte.

LKA-Sprecher Karsten Lauber: „Unsere Kunstexperten und Sachverständige aus Münchner Museen sichten jetzt das Material, was mehrere Wochen dauern wird.“ Die Klärung der Eigentumsverhältnisse, so Lauber, könne allerdings „Jahre dauern“. Der LKA-Mann erinnert sich da an Kunstschätze, die aus Kirchendiebstählen in Zypern stammen. LKA-Fahnder stellten die Kunstschätze 1997/98 in München und im Umland sicher. Lauber: „Die Sachen lagern noch immer bei uns, weil noch nicht geklärt ist, wem sie gehören.“

Von FOCUS-Redakteurin Sandra Zistl und FOCUS-Redakteur Herbert Reinke-Nobbe