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Chemtrails - Gefährliche Experimente mit der Atmosphäre oder
bloße Fiktion?
Stand: Januar 2007

Seit in der Zeitschrift Raum & Zeit 127/2004 der Artikel „Die Zerstörung des Himmels”erschienen ist, erhielt das Umweltbundesamt (UBA) zahlreiche Anfragen besorgter Bürgerinnen und Bürger zu den so genannten Chemtrails. Dabei soll es sich um angeblich durch Flugzeuge in der Atmosphäre versprühte Chemikalien handeln.

Der Artikel behauptet unter anderem, dass im Rahmen geheimer Projekte der USA
militärische und zivile Flugzeuge Aluminium und Bariumverbindungen in die
Atmosphäre ausstoßen, aus denen sich diese Chemtrails - ähnlich der Bildung von
Kondensstreifen - entwickeln würden. Ziel soll dabei sein, der durch den Menschen
hervorgerufenen (anthropogenen) Erwärmung, verursacht durch Emissionen
treibhauswirksamer Gase in die Atmosphäre, entgegenzuwirken.

Für das in dem genannten Artikel erwähnte Einbringen von Aluminiumverbindungen in die Atmosphäre und die Bildung so genannter Chemtrails gibt es keinerlei wissenschaftliche Belege. Auch im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind die beschriebenen Phänomene nicht bekannt. Das Institut für Physik der Atmosphäre des DLR untersucht seit vielen Jahren die Wirkung der Emissionen des Luftverkehrs auf die Atmosphäre - einschließlich zahlreicher Messungen gas- und partikelförmiger Emissionen von Verkehrsflugzeugen.

Falls es die so genannten Chemtrails gäbe, müssten beim DLR darüber
Informationen vorliegen. Die Messungen enthalten jedoch keinerlei Hinweise darauf.

Die Deutsche Flugsicherung GmbH bestätigte, dass sie im Rahmen der
Luftraumüberwachung keine auffälligen Flugbewegungen beobachtete, die etwas mit
dem beschriebenen Sachverhalt zu tun haben könnten.

Darüber hinaus teilte der Deutsche Wetterdienst mit, dass in den Beobachtungsdaten
keine Besonderheiten auffindbar seien, die auf abweichende Formen von
Kondensstreifen hindeuten. Auch das Bundesministerium der Verteidigung hat keine weitergehenden Erkenntnisse. Das Hauptquartier der US-Luftwaffe Europa teilte mit, dass es die beschriebenen Projekte bei der US-Luftwaffe weder gibt noch gegeben hat.

Das UBA ging auch der in Zuschriften vorgetragenen Behauptung nach, die
Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO) hätte angeblich eine
Risikoanalyse über mögliche Folgen der Chemtrails unternommen. Auf Anfrage des
UBA versicherte die WHO, weder über so genannte Chemtrails Kenntnis, noch eine
Studie zum Thema unternommen zu haben.

In der Tat gab und gibt es im wissenschaftlichen Bereich verschiedene theoretische
Vorstellungen, zum Schutz des Klimas unterschiedliche Stoffe in die Atmosphäre
einzubringen - zum Beispiel Aluminiumoxid, Aluminium, Ruß, Eisenverbindungen.

Mit derartigen Substanzen will man erreichen, dass weniger Sonnenstrahlung die
Erdoberfläche erreicht, was zur Folge hätte, dass die Erwärmung der Atmosphäre
verringert wird. Das bedeutet konkret, dass der anthropogenen Erwärmung der
Atmosphäre durch treibhauswirksame Gase ein abkühlender Effekt – künstlich -
hinzugefügt wird. Jedoch konnten sich diese Ansätze aus dem Bereich des
Geoengineering - das sind großmaßstäbliche Eingriffe in natürliche Vorgänge - nicht
durchsetzen - auch nicht im experimentellen Maßstab. Denn: Abgesehen von der
Frage nach der Wirksamkeit, gibt es große Bedenken und Unsicherheiten, welche
unvorhergesehenen weiteren Wirkungen mit solchen Eingriffen verbunden sein
könnten.

Darüber hinaus wären die Kosten für derartige Maßnahmen erheblich. Das
Einbringen der Verbindungen in die Atmosphäre wäre, um eine globale Wirkung zu
gewährleisten, fortlaufend und in globalem Umfang notwendig.

Im Internet lässt sich eine große Menge Material zum Stichwort Chemtrails finden.
Dabei wirkt aber keine Quelle wirklich glaubhaft, da überzeugende Belege fehlen.
Die Quellen heißen “paranews“, „ufos-aliens“, „esoterikforum“ oder „allmystery“ und
zeigen zum Teil Fotos etwaiger Chemtrails, die allerdings keinen Anlass geben,
dahinter etwas anderes als gewöhnliche Kondensstreifen oder Wolken zu vermuten.
Zumeist handelt es sich um die unterschiedlichen Formen von Zirruswolken, die aus
Eiskristallen bestehen.

Auch auf den verschiedenen Fotos, die Bürgerinnen und Bürger dem UBA
zusandten, sind nach Erkenntnis des Amtes langlebige Kondensstreifen und
Zirruswolken zu sehen. Offenbar werden als Kondensstreifen meist nur jene
wahrgenommen, die sich kurzzeitig bilden und die sich - wegen zu geringer relativer
Feuchte - rasch wieder auflösen.

Das Institut für Physik der Atmosphäre des DLR gibt folgende detaillierte Auskunft
über die Bildung von Kondensstreifen: Kondensstreifen entstehen in hinreichend
kalter Atmosphäre als Folge der Wasserdampfemissionen aus Flugzeugtriebwerken.
Bei niedriger Feuchte lösen sich Kondensstreifen rasch wieder auf. Ist die
Atmosphäre jedoch hinreichend feucht, können Kondensstreifen länger existieren
und weiter wachsen. Unter geeigneten Bedingungen können sie sich zu
großflächigen Zirruswolken, die im Falle einer solchen Entstehungsgeschichte
Contrail-Cirrus heißen, entwickeln. Contrail-Cirrus ist dann nicht mehr von natürlichen Zirren unterscheidbar, falls nicht seine gesamte Entstehungsgeschichte beobachtet wurde.

Nehmen Zirruswolken, die optisch sehr dünn sein können, eine große Fläche ein,
erscheint dem Beobachter der Himmel milchig weiß. Im Mittel sind rund 0,06 Prozent der Erde mit (linienförmigen) Kondensstreifen bedeckt. Gegenden mit hohem Flugverkehrsaufkommen erreichen deutlich höhere Bedeckungsgrade. So lag Mitte der neunziger Jahre der Wert für Europa bei 0,5 Prozent. Der Bedeckungsgrad durch Contrail-Cirrus ist noch nicht bekannt. Erste Schätzungen liefern Werte, die etwa zehnmal so groß sind wie der Bedeckungsgrad mit linienförmigen Kondensstreifen.

Altern Kondensstreifen, bleiben sie nicht glatt, sondern bilden Formen, wie auf vielen
Fotos zu sehen ist. Dieser Vorgang ist ein lange bekanntes Phänomen und eine
Folge der Turbulenz, die in der Atmosphäre allgegenwärtig ist. Diese Formen lassen
sich auch durch Modellsimulationen reproduzieren.

Mehrere Kondensstreifen nebeneinander entstehen zum Beispiel dadurch, dass
Flugzeuge festen Routen folgen und die Windrichtung in der Höhe von der Flugroute
abweicht. Die Kondensstreifen verschieben sich dadurch seitlich. An Knotenpunkten
der Flugrouten können sich Kondensstreifen unterschiedlicher Orientierung bilden.
Als Folge der Verschiebung der Kondensstreifen entstehen dann die auf Fotos
festgehaltenen rautenförmigen Muster.

Da Windrichtung und -geschwindigkeit praktisch nie gleich sind, entstehen aus
vormals geraden Mustern gekrümmte Formen. Außerdem fliegen Flugzeuge nicht
immer nur geradeaus, sondern auch Kurven, insbesondere während Warteschleifen
in Flughafennähe. In diesem Fall können gekrümmte Kondensstreifen entstehen.
Bisher hat die Chemtrail-Thematik in den Medien hauptsächlich über die Zeitschrift
Raum & Zeit Verbreitung gefunden. Schaut man die Inhaltsverzeichnisse der letzten
Jahre genauer an, finden sich in dieser Zeitschrift fortlaufend Beiträge, die vom
gegenwärtigen naturwissenschaftlichen und medizinischen Kenntnisstand
abweichen. Dazu zählen beispielsweise Gegenthesen zur Relativitätstheorie oder
den Ursachen von AIDS und BSE.

Auch mehrere Artikel, die den anthropogenen Treibhauseffekt und die damit
verbundene Klimaänderung bestreiten, sind enthalten. Dies erscheint besonders
widersprüchlich, angesichts der Behauptung an gleicher Stelle, Chemtrails seien der
Versuch, die Wirkungen des vom Menschen gemachten Klimawandels zu mildern.
Abschließend ist festzuhalten, dass die Bildung von Zirruswolken aus
Kondensstreifen nach neueren Erkenntnissen in besonderem Maße zur
Klimawirksamkeit des Flugverkehrs beiträgt. Kondensstreifen und Zirren erwärmen
das Klima. Es wäre also kontraproduktiv, mit Hilfe zusätzlicher Zirren oder
zirrenähnlicher Wolken der Klimaerwärmung aufgrund der anthropogenen
Emissionen von Treibhausgasen entgegenwirken zu wollen. Auf der Basis des
gegenwärtigen Kenntnisstandes des UBA und der Zusammenschau aller oben
erläuterten Aspekte lässt sich schlussfolgern, dass die im Artikel „Die Zerstörung des
Himmels” aufgestellten Behauptungen nicht glaubwürdig sind.

Weitere Informationen zu den Auswirkungen des Luftverkehrs auf die
Zusammensetzung der Atmosphäre und das Klima sind im Internet zu finden:

IPCC-Bericht zum Luftverkehr: http://www.ipcc.ch/pub/av(E).pdf

Tagungsband der AAC-Konferenz (Aviation, Atmosphere and Climate):
http://www.pa.op.dlr.de/aac/

Übersichtsartikel zu den Auswirkungen des Luftverkehrs auf die Atmosphäre:
http://www.ingentaconnect.com/content/schweiz/mz/2005/00000014/0000000
4/art00013


Abstracts der international Conferenz on Transport, Atmosphere and Climate
2006: http://www.pa.op.dlr.de/tac/